Wirtschaft Personal-Manöver
Mit diesem Umbau beerdigt die Deutsche Bank ein abenteuerliches Konstrukt
| Lesedauer: 4 Minuten
Von Cornelius Welp
Sonderkorrespondent Unternehmen
Die bisherige Compliance-Chefin Laura Padovani rückt in den Vorstand des Geldhauses auf. Die Umstände des Manövers lassen dabei auf ein Eingeständnis der Deutschen Bank schließen. Sie muss einen unangenehmen Makel in den Griff bekommen.
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Das Ende einer abenteuerlichen Personalkonstruktion verkündete die Deutsche Bank am frühen Sonntagabend in umständlichen Worten. Im „Zuge weiterer Schritte zur Fortentwicklung und Stärkung der Kontrollen“ werde die bisherige Compliance-Chefin Laura Padovani neu in den Vorstand aufrücken.
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Dort solle sie sich darum kümmern, dass „künftig mehr Kontrollprozesse direkt in die täglichen Abläufe in den Geschäftsbereichen integriert werden“. Mit dieser Aufstellung folge die Bank „den etablierten Branchenstandards“, heißt es in einer Mitteilung.
Die Begleitumstände des personellen Manövers lassen darauf schließen, dass das Frankfurter Institut von diesen Standards trotz intensiven Bemühens immer noch ein Stück entfernt ist. Padovani übernimmt die Aufgaben von Stefan Simon, der in einer branchenweit wohl einmaligen Ämterhäufung neben den Kontrollfunktionen bisher auch noch der Rechtsabteilung und dem US-Geschäft vorstand.
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Dass das nicht so bleiben konnte, lag schon länger auf der Hand – zumal es mit dem Abbau durch Behörden bemängelter Defizite nur schleppend voranging. Für Bankchef Christian Sewing, der die Stärkung der Kontrollen zur obersten Priorität erklärt hat, ist das ein wenig schmeichelhafter Befund.
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Der frühere Wirtschaftsanwalt Simon hatte den Chefposten in den USA im Mai 2023 überraschend von Christiana Riley übernommen. Die Managerin, die zeitweise zu den engsten Vertrauten von Bankchef Sewing zählte, hatte sich zum Wettbewerber Santander verabschiedet.
Bereits Ende Mai hatte WELT AM SONNTAG berichtet, dass Simon seine Multifunktionsrolle in dieser Form wohl nicht mehr lange ausüben werde, die Bank hatte das damals nicht kommentiert. Intern galt die Konstruktion von Anfang an als Notlösung, auch der vom Niederländer Alexander Wynaendts geführte Aufsichtsrat soll von ihr nur bedingt begeistert gewesen sein.
Problemfeld Geldwäschebekämpfung
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Und extern hatten Aufseher Bedenken an der Aufgabenfülle angemeldet. Insbesondere bei den Behörden in den USA soll die Skepsis groß gewesen sein. Schließlich führte die Kombination der Funktionen dazu, dass Simon das von ihm geführte Amerika-Geschäft in letzter Instanz selbst überwachte.
Bei den US-Aufsehern hat sich das, lange Zeit desaströse, Ansehen der Bank aus Frankfurt/Main zuletzt zumindest etwas verbessert. Gerade erst hat das Institut zum wiederholten Mal einen Stresstest bestanden, bei dem es noch vor einigen Jahren stets aufs Neue verlässlich durchgefallen war.
Das heißt nicht, dass nun ungetrübte Harmonie herrscht. Im vergangenen Sommer verdonnerte die US-Notenbank Fed die Deutsche Bank unter anderem deshalb zu einer Strafe von fast 190 Millionen US-Dollar, weil die Jahre zuvor erkannte Mängel bei der Geldwäschebekämpfung weiterhin nicht abgestellt hatte.
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Das Thema gilt seit vielen Jahren als peinliche Schwachstelle der Bank, letztlich hat es nun auch Simon nicht in den Griff bekommen. Da angemahnte Verbesserungen ausblieben, hatte die deutsche Finanzaufsicht Bafin der Bank schon 2018 in einem damals beispiellosen Schritt einen Sonderbeauftragten ins Haus geschickt.
Fast sechs Jahre später ist der immer noch da, Ende 2023 hat die Behörde das Mandat bis Ende Oktober verlängert. Für den Fall der „Nichterfüllung der spezifischen Maßnahmen zur Verbesserung der Datenverarbeitungssysteme zur Überwachung von Transaktionen“ hat die Bafin der Bank zudem Zwangsgelder angedroht.
Im Laufe der Jahre haben sich die Anforderungen bei dem heiklen Thema verändert und weiter verschärft, mittlerweile haben Aufseher bei vielen Instituten Mängel moniert. Andere Fälle sind aber schneller abgeschlossen worden.
Padovani soll den Makel beseitigen
So hat die Bafin Ende 2021 auch einen Sonderbeauftragten in die Digitalbank N26 entsandt und außerdem deren Wachstum auf 50.000 Kunden im Monat begrenzt. Die Grenze hat die Behörde vor wenigen Wochen aufgehoben, der von ihr bestellte Aufpasser soll sich am Jahresende verabschieden.
Nun ist es an Simons Nachfolgerin, den Makel endlich auch bei der Deutschen Bank zu beseitigen. Padovani ist erst vor gut einem Jahr von der britischen Großbank Barclays zur Deutschen Bank gewechselt, seitdem habe sie „bereits einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, unsere Kontrollen zu stärken“, ließ sich Aufsichtsratschef Wynaendts zitieren.
Nun sei der richtige Zeitpunkt gekommen, ihr auch auf Vorstandsebene die Verantwortung für die so wichtigen Kontrollfunktionen zu übertragen. Vorgänger Simon behält neben dem US-Posten auch die Leitung der Rechtsabteilung.
Verglichen mit der turbulenten Vergangenheit ist in diese relative Ruhe eingekehrt. Dass der Bank im Streit mit früheren Postbank-Aktionären nach vielen Jahren eine teure Niederlage droht, wird Simon intern nicht angelastet. Mehrere Gutachten sollen zu dem Ergebnis gekommen sein, dass sich das Institut keine Sorgen machen müsse.